Wiederholung des EINEN : eine Zen-Formel
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Die Identifizierung: dieses Thema [sujet] habe ich für Sie mit einer Reflexion über das einzuführen versucht, was im Zentrum unserer Erfahrung die analytische Erfahrung ausmacht – das Subjekt [sujet], so wie es sich uns im Verlauf unserer letzten [Theorie-]Entwicklungen [démarches]zu präsentieren schien, das Subjekt wäre – wenn dem schmalen Weg vertrauen, auf den ich Ihren Blick mit der Zahlentheorie zu lenken versucht habe -, das Subjekt wäre im Ganzen gesehen in dem (wieder-)erkennbar, was sich im mathematischen Denken sich als eng an das Konzept des Mangels, diesem Konzept, dessen Zahl Null heißt [ce concept dont le nombre est zéro], angrenzend erweist.
Die Analogie dieses Konzeptes ist frappierend – sodass ich versucht habe, Ihnen die Position des Subjekts als ein Erscheinen und Verschwinden in einem immerwährend wiederholten Pulsieren formuliert habe, als [einen] Effekt, Effekt des Signifikanten, einen im wieder ersterbenden und wieder auflebenden Effekt [effet toujours évanouissant et renaissant] – die Analogie dieser Metapher mit dem Konzept ist derart frappierend, dass die Theorieentwicklung [pensée] eines mathematischen Philosophen : Frege – jemand hat mich seit wir hier von ihm sprachen um Schreibweise gebeten – Frege notwendigerweise dahin geführt wurde, von dem Stützpunkt [appui], dem Sockel [appoint] dieses Konzepts auszugehen, dem numerisch die Null zugewiesen ist [dont l'assignation de nombre est zéro], um dieses gleichfalls unauslöschliche EINE [cet UN inextinguible] erscheinen zu lassen, das immer wieder verschwindet [s’évanouissant], um in seiner Wiederholung sich selbst allerdings in einer Wiederholungseinheit hinzuzufügen, von der man feststellen kann, dass man auch bei ihr – wir sind schon nah dran [nous y touchons] – das, was sie verloren hat, um so weniger als sie fortschreitet wieder (vor-)findet, wenn nicht [vielmehr stattdessen] jene Vermehrung, die sie grenzenlos vervielfacht, die sich als etwas erweist, das auf serielle Weise eine bestimmte Manifestation des Unendlichen vergegenwärtigt [présentifiant].3
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Gehen wir davon aus, dass wir mit dieser Bezugnahme auf die Zahl [nombre] den grundlegendsten Bezugspunkt aufsuchen wollten, jenen [Punkt], an dem wir das Subjekt als in der Sprache instituiert zu verorten [répérer] haben, bevor sich das Subjekt wie auch immer mit dieser identifiziert, sich in ihr als dasjenige lokalisiert, das schon spricht, bevor der [Aussage-] Satz sein ›Ich‹ hat [avant que la phrase ait son je], wo sich das Subjekt anfänglich [d’abord] der Ausdrucksform des Shifter [forme du shifter] als demjenigen, der spricht, unterstellt. Wenngleich ein unpersönlicher Satz vorliegt, gibt es ein Subjekt des Satzes. Dieses Subjekt befindet sich anfangs an jenem Punkt als Keim des Ereignisses [racine de l’événement], an dem sich nicht nur nicht sagen lässt, das Subjekt ist dieses hier, dieses da [où il se dit non pas, que le sujet est celui-ci, celui-là], sondern dass es ein Etwas gibt: ›Es regnet‹ - dergestalt ist der Ausgangssatz – und in der Sprache die Ursache davon, dass es Ereignisse gibt; erst anschließend identifiziert sich das Subjekt als sprechendes [comme celui qui parle].
Und zweifelsohne ist diese oder jene Sprachform in seiner Differenz geeignet, um uns darauf aufmerksam zu machen, dass viel verschiedenartigere Weisen existieren, dieser Identifizierung des Subjekt der Aussage die Vorrangstellung [prééminence], die Rangordnung [préséance], gegenüber dem, der sie [die Sprachform] tatsächlich spricht, zuzuweisen. Die Existenz der Verbs ›Sein‹ innerhalb der indoeuropäischen Sprachen ist ohne Zweifel dazu angetan [est là], um dieses ›Ich‹ als Stütze des Subjekts in den Vordergrund zu rücken, doch ist keineswegs jede Sprache dergestalt angelegt, und ein tatsächliches Problem oder irrtümliches Logikproblem, das sich im Register unserer indoeuropäischen Sprachen stellen kann, […] in anderen Sprachformen [formes de statut linguistique] […] sodass ich es heute – dies nur als Hinweis, Anhaltspunkt [point d’accrochage], Referenz – darauf angelegt habe, an der Tafel einige chinesische Schriftzeichen anzuschreiben, von denen Sie noch sehen werden, was sie bedeuten und wozu ich sie gleich noch nutzen werde.
Wenn die logischen Probleme des Subjekts in der chinesischen Tradition innerhalb der so anspruchsvollen, so fundierten, so fruchtbaren Entwicklung der Logik nicht ausformuliert werden, dann nicht, weil es etwa – wie behauptet wurde – in der chinesischen Sprache kein Verb für ›Sein‹ gäbe, das gebräuchlichste Wort im gesprochenen Chinesisch für das Verb ›Sein‹ ist dieses ich, denn zweifelsohne, wie könnte man auf dessen Gebrauch verzichten? Damit dies grundlegend deutlich wird [qu’il soit fondamentalent] – hier anhand des zweiten Schriftzeichens dieser drei an die Tafel geschriebenen, links in der lesbarsten, der am besten wieder erkennbaren Form in der gängigen Druckversion dies Schriftzeichen [dans l’imprimé où ces caractères s’écrivent], rechts in der Kursivschrift [forme cursive] der Ihnen mitgebrachten Formel, die von mir in der Tat einer klösterlichen Kalligraphie entnommen wurde – werden sie deren Sinn gleich erkennen.
Das mittlere Schriftzeichen dieser Formel, die sich ›jou che‹ ausspricht, wie es dem Körper zukommt [comme est le corps], dieses ›che‹ ist auch ein ›dies(es)‹ [ça], ein Demonstrativpronomen und das Demonstrativpronomen dient im Chinesischen dazu, das Verb ›Sein‹ anzuzeigen [désigner]; dies hier zeigt nun auf, dass die Beziehung des Subjekts zum Aussagen, in dem es sich verortet, eine andere ist.
Doch werden wir unsererseits, für uns Analytiker, [erst] noch sehen, auf welcher Ebene wir dieses Problem angehen müssen. Um unser aktuelles Vorgehen, das, welches sich vor unserer Trennung vor dieser Unterbrechung vor zwei oder drei Wochen zu Ende bringen ließ, zu verorten [situer], um die Tragweite dessen zu einzuordnen [situer], was ich Ihnen in dieser Beziehung der Null zum EINEN als Einführungsbeitrag zur ermächtigenden Präsenz [comme donnant à la présence inaugurante] des Signifikanten, zu seinem fundierenden Zusammenwirken [articulation], habe vorstellen [désigner] wollen.4
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Insoweit es sich wie vorhin um den Körper handelt, werden Sie feststellen, dass Aristoteles diesbezüglich keine so einfache Antwort haben dürfte, weil der Körper etwas mit einem ihm eigenen Besitz ist, indem er nicht nur die Materie assimiliert, die er in sich aufnimmt [absorbe], sondern wir haben – wie von Freud angedacht [suggéré] – ihn sich ganz andere Dinge, nämlich seinen körperlichen Wesenskern [essence de corps], assimilieren gesehen. Diesbezüglich werden Sie nicht so leicht die Ununterscheidbaren unterscheiden [distinguer les indiscernables] können und Sie könnten mit dem Mönch, ich zögere zu sagen, Zen üben, denn Sie werden sonst quer durch Paris verbreiten, ich unterrichtete bei Ihnen Zen, doch was könnte daraus resultieren, nun, es handelt sich trotz alledem um eine Zen-Formel [formule zen] und dieser Mönch heißt Tchi Un. Er teilt mit:
›wie untrüglich [assurément] dieser Körper, [ist] auf der Körperebene unmöglich irgendein Körper von all den anderen Körpern zu unterscheiden‹
und keineswegs, weil Sie hier zweihundertsechzig Köpfe zählen, ist diese Stückzahl [unité] weniger real, wenn doch ebenso für Buddha, und er war so etwas wie dreihundertdreiunddreissig Millionen dreihundertdreiunddreissigtausend dreihundertdreiunddreissig und war doch immer derselbe Buddha.5
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